Fachbeitrag

Ausschreibungspflicht von Mietmodellen

Mietverträge müssen nach Kartellvergaberecht europaweit ausgeschrieben werden.

Fachbeitrag von RA Arnd Bühner in den Nürnberger Nachrichten

Burgfrieden kann auch Jahre später durch Prüfung empfindlich gestört werden. 

Arnd Bühner (56), Nürnberger Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht, ist Lehrbeauftragter für Vergaberecht der Juristischen Fakultät der FAU Erlangen-Nürnberg und Vorsitzender des Prüfungsausschusses der Rechtsanwaltskammern Nürnberg und Bamberg für Vergaberecht. Er hat im Gespräch mit der Redaktion eine klare Meinung zum Streit um das Zukunftsmuseum:

„Ein weitverbreiteter Irrtum ist die Annahme, Mietverträge müssten nicht ausgeschrieben werden, weil der Mieter keine Bauleitung in Auftrag gibt. Zwar enthält das Vergaberecht Regelungen darüber, dass Mietverträge unter bestimmten Umständen nicht ausgeschrieben werden müssen. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift müssen aber genau geprüft werden, wenn ein noch zu errichtendes Gebäude angemietet wird. Wesentliches Kriterium, ob ausgeschrieben werden muss, ist der Einfluss des Mieters, z.B. hier des Museums, auf Planung und Ausführung des Mietobjektes.

Ein zu errichtendes Gebäude kann ohne Ausschreibung angemietet werden, wenn es – so wie vom Vermieter geplant – angemietet wird. Der Mieter darf Einfluss auf den Zuschnitt einzelner Räume nehmen, beispielsweise entscheiden, wo Trockenbauwände stehen und welche Böden verlegt werden. Wird das Gebäude jedoch so auf den Mieter ausgerichtet, dass eine Nachnutzung durch einen Dritten nach dem Auslaufen des Mietvertrages ausscheidet, spricht dies für eine Ausschreibungspflicht. Ob der Vertrag als Miet- oder Bauauftrag bezeichnet wird, ist vergaberechtlich irrelevant.

Der Begriff des Bauauftrags ist vergaberechtlich sehr weit. Der Abschluss eines Mietvertrags ist unter Umständen als Bauauftrag zu werten. Der Gesetzgeber hat bestimmte Dreieckskonstruktionen erfasst, um die Möglichkeit der Umgehung des Vergaberechts zu versperren.

Für Mietverträge, in deren Kontext Bauleistungen erbracht werden, ist dies bedeutsam. Denn im Dreiecksverhältnis zwischen der öffentlichen Hand als Mieter, dem gewerblichem Vermieter und der ausführenden Baufirma werden Bauleistungen nicht vom Mieter, sondern vom Vermieter beauftragt. Bei oberflächlicher Betrachtung scheidet in solchen Konstellationen zunächst ein Bauauftrag des öffentlichen Mieters aus, weil Vertragspartner der Baufirmen der gewerbliche Vermieter ist.

Bauaufträge liegen aber auch vor, wenn der gewerbliche Vermieter Auftraggeber der Bauleistung ist und das Objekt später an die öffentliche Hand vermietet wird. Weitere Voraussetzung ist die wesentliche Einflussnahme des Mieters auf die Planung und Art der Bauausführung.

Europaweit sind solche Verträge auszuschreiben, wenn die Summe der Mietzahlungen über die Vertragslaufzeit den Schwellenwert von 5,328 Millionen Euro erreicht. Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, dass er zur Vorbereitung der Auftragsvergabe unverbindliche Marktkonsultationen durchgeführt hat. Denn er kann sich nicht darauf verlassen, dass sich alle potenziellen Bieter an solchen Vorverfahren beteiligen.

Solche Mietverträge muss der Mieter auch dann europaweit ausschreiben, wenn er fest davon ausgeht, nur ein Bieter werde unter den gegebenen Umständen ein Angebot abgeben. Allerdings können Verträge, die unter Verstoß gegen die Pflicht zur europaweiten Ausschreibung abgeschlossen wurden, sechs Monaten nach Vertragsabschluss vergaberechtlich nicht mehr angegriffen werden. Dieser „Burgfrieden" kann jedoch auch Jahre später empfindlich gestört werden, wenn die Verstöße im Rahmen fördermittelrechtlicher Prüfungen beim Auftraggeber beanstandet werden.“ (vpn)

Quelle: Nürnberger Nachrichten, 24.09.2022

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