Fachbeitrag

Auch ein Realisierungswettbewerb unterliegt der Vergabenachprüfung

(OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.08.2021 – 15 Verg 10/21)

Worum geht es in der Entscheidung?

Ein Architekturbüro hatte sich an einem nicht offenen Realisierungswettbewerb für den Neubau einer Kindertageseinrichtung beteiligt und verschiedene Vergabeverstöße gerügt.  

 

Was hat das Gericht entschieden?

Eine Vergabenachprüfung blieb auch in zweiter Instanz ohne Erfolg, weil das OLG keine Vergaberechtsverstöße feststellen konnte. Allerdings war die Nachprüfung zulässig. Nach richtlinienkonformer Auslegung (Erw.grd. 2 RL 2007/66/EG) sei eine Vergabenachprüfung bereits im Realisierungswettbewerb möglich, weil Planungswettbewerb dem Verhandlungsverfahren vorgelagert ist (§ 78 Abs. 2 S. 2 VgV). Zudem sei der Begriff des Vergabeverfahrens nach § 155 GWB materiell zu interpretieren (EuGH, Urteil vom 11.01.2005 – C-26/03 – Stadt Halle).

Praxishinweise für Auftraggeber:

Der Realisierungswettbewerb ist kein vergaberechtsfreier Bereich. Im Realisierungswettbewerb wird bereits eine Eignungsprüfung für das sich anschließende Verhandlungsverfahren vorweggenommen. Dies darf nicht der Vergabenachprüfung entzogen werden. Es ist auch prozessökonomisch, wenn bereits frühzeitig (im Realisierungswettbewerb und nicht erst im anschl. Verhandlungsverfahren) eine Überprüfung möglich ist. Auftraggeber müssen deshalb auch schon im Realisierungswettbewerb das Vergaberecht beachten. Dies ist insbesondere bei geförderten Vorhaben wichtig, da bei einem Vergabeverstoß eine Fördermittelrückforderung drohen kann.