30.05.2022 Fachbeitrag
(OLG
Karlsruhe, Beschluss vom 10.08.2021 – 15 Verg 10/21)
Worum geht
es in der Entscheidung?
Ein
Architekturbüro hatte sich an einem nicht offenen Realisierungswettbewerb für
den Neubau einer Kindertageseinrichtung beteiligt und verschiedene
Vergabeverstöße gerügt.
Was hat das
Gericht entschieden?
Eine Vergabenachprüfung blieb auch
in zweiter Instanz ohne Erfolg, weil das OLG keine Vergaberechtsverstöße feststellen
konnte. Allerdings war die Nachprüfung zulässig. Nach richtlinienkonformer
Auslegung (Erw.grd. 2 RL 2007/66/EG) sei eine Vergabenachprüfung bereits im Realisierungswettbewerb
möglich, weil Planungswettbewerb dem Verhandlungsverfahren vorgelagert ist (§
78 Abs. 2 S. 2 VgV). Zudem sei der Begriff des Vergabeverfahrens nach § 155 GWB
materiell zu interpretieren (EuGH, Urteil vom 11.01.2005 – C-26/03 – Stadt Halle).
Praxishinweise
für Auftraggeber:
Der Realisierungswettbewerb ist kein vergaberechtsfreier Bereich. Im
Realisierungswettbewerb wird bereits eine Eignungsprüfung für das sich
anschließende Verhandlungsverfahren vorweggenommen. Dies darf nicht der
Vergabenachprüfung entzogen werden. Es ist auch prozessökonomisch, wenn bereits
frühzeitig (im Realisierungswettbewerb und nicht erst im anschl.
Verhandlungsverfahren) eine Überprüfung möglich ist. Auftraggeber müssen
deshalb auch schon im Realisierungswettbewerb das Vergaberecht beachten. Dies
ist insbesondere bei geförderten Vorhaben wichtig, da bei einem Vergabeverstoß
eine Fördermittelrückforderung drohen kann.