15.10.2014 Fachbeitrag
Bei der Planung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) müssen die Landkreise und kreisfreien Städte die privaten Verkehrsunternehmen umfassend beteiligen und ihre Interessen berücksichtigen. Konflikte bleiben hierbei nicht aus, weil häufig die fiskalischen Zwänge der Kommunen mit den Preisvorstellungen der Unternehmer kollidieren. Immer wieder führen auch ÖPNV-Ausschreibungen von Landkreisen zu Protesten mittelständischer Busunternehmer.
Der ÖPNV gliedert sich in den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und den allgemeinen öffentlichen Personennahverkehr (aÖPNV). Der SPNV umfasst die Eisenbahn einschließlich der S-Bahn, er wird durch den Freistaat Bayern geplant, organisiert und sichergestellt. Zum aÖPNV, auf den nachfolgend näher eingegangen wird, zählt insbesondere die Beförderung mit U-Bahnen, Straßenbahnen und Omnibussen im Linienverkehr. Die Aufgabenträger (also Auftraggeber) in diesem Bereich sind die Landkreise und kreisfreien Städte, weitere wichtige Akteure sind die privaten Verkehrsunternehmen sowie die Bezirksregierungen als Genehmigungsbehörden. In den großen Städten Mittelfrankens treten in der Regel die städtischen Verkehrsbetriebe (VAG in Nürnberg, Infra in Fürth und EStW in Erlangen) als Leistungserbringer im aÖPNV auf, während in der Fläche meist private Busunternehmer tätig sind. Während die städtischen Verkehrsbetriebe meist wettbewerbsfrei (in-house) beauftragt werden, stellen sich im Busverkehr die Wettbewerbsbedingungen in der Fläche anders dar. Busverkehre können häufig, müssen aber nicht ausgeschrieben werden, denn die EU-Verordnung 1370/2007 lässt ausdrücklich auch die direkte Vergabe ohne Ausschreibung an mittelständische Verkehrsunternehmen zu.
Als Rahmen für die Entwicklung des ÖPNV können die Landkreise und kreisfreien Städte Nahverkehrspläne aufstellen, wobei sie zu einer wirtschaftlichen und sparsamen Planung verpflichtet sind. Bei der Aufstellung oder Fortschreibung eines Nahverkehrsplans müssen die vorhandenen Verkehrsunternehmer frühzeitig beteiligt und deren Interessen angemessen berücksichtigt werden, auch um deren Know-how in die Planung einfließen zu lassen. Zudem sollen die Interessen der mittelständischen Verkehrsunternehmen gewahrt werden, da diese eine wesentliche Säule des aÖPNV in der Fläche darstellen. Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil die im jeweiligen Gebiet tätigen Verkehrsunternehmer in aller Regel am besten beurteilen können, welches Verkehrsangebot ohne Zuschuss durch einen Landkreis gemacht werden kann.
Bei der Nahverkehrsplanung müssen die Aufgabenträger den gesetzlichen Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit beachten. Das bedeutet, dass die Verkehrsleistungen grundsätzlich durch Unternehmer initiiert werden sollten, ohne dass öffentliche Zuschüsse notwendig sind. Im Zuge ihrer kommunalen Planungshoheit können die Aufgabenträger in gewissem Umfang aber auch defizitäre Verkehrsleistungen planen und bestellen, die durch Verkehrsunternehmer nicht eigenwirtschaftlich erbracht werden können (sogenannte behördeninitiierte Verkehre). Zu beachten ist hierbei jedoch, dass eigenwirtschaftlich handelnde Verkehrsunternehmer den Grundrechtsschutz der Berufs- und Gewerbefreiheit genießen. So entsteht häufig ein Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der Unternehmer und der kommunalen Planungshoheit.
Falls ausnahmsweise eine Abweichung vom Gebot der Eigenwirtschaftlichkeit für zulässig erachtet wird, müssen die
Aufgabenträger dies sorgfältig begründen. Die Landkreise und kreisfreien Städte sind hierzu auch auf Grund des
Gebots der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet, wenn sie für behördeninitiierte Verkehre einen Zuschuss
gewähren wollen. Die Aufgabenträger müssen außerdem auf Verkehrsunternehmen, die durch
Nahverkehrsplanungen Nachteile erdulden sollen, Rücksicht nehmen. Entsprechende Möglichkeiten eröffnet das EURecht
durch die Direktvergabe von Aufträgen an mittelständische Firmen.
Autor: Arnd Bühner und Sebastian Siemer
Quelle: WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10/2014, Seite 26
„Öffentlicher Personennahverkehr - Fährt der Mittelstand mit?" WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10/2014, Seite 26 | Download PDF |