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Anpassungsbedarf: Beihilfenrechtlicher Betrauungsakt wird als Zuwendungsbescheid in der Regel nicht anerkannt

Anpassungsbedarf: Beihilfenrechtlicher Betrauungsaktwird als Zuwendungsbescheid in der Regel nicht anerkannt

Anpassungsbedarf:
Beihilfenrechtlicher Betrauungsakt wird als Zuwendungsbescheid in der Regel nicht anerkannt

Betrauungsakte sind Instrumente, um Unternehmen staatliche Subventionen europarechtskonform zuwenden zu können. Soweit diese Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen (Artikel 106 Abs. 2 AEUV).

Das EU-Recht macht keine Vorgaben bezüglich der Form von Betrauungsakten. Die EU-Kommission vom 20.12.2011 (2012/21/EU) erkennt ausdrücklich an, dass die Form des Betrauungsaktes von den einzelnen Mitgliedsstaaten bestimmt werden kann. Eine Betrauung kann deshalb in Deutschland in Form eines Gesetzes, einer Verordnung, eines Verwaltungsaktes, eines öffentlich-rechtlichen oder privat-rechtlichen Vertrages erfolgen. In der deutschen Praxis haben sich zwei Modelle für die Umsetzung eines Betrauungsaktes herausgebildet. Dabei handelt es sich einerseits um einen Betrauungsakt in Form eines Zuwendungsbescheides und einen Betrauungsakt in der Form einer gesellschaftsrechtlichen Weisung (gesellschaftsrechtliche Lösung).

Betrauungsakte in der Form eines Zuwendungsbescheides (Verwaltungsakt) wurden früh in Nordrhein-Westphalen entwickelt und in weit verbreiteten Leitlinien dargestellt („NRW-Modell“). Das Modell wurde über NRW hinaus auch bundesweit umgesetzt, wobei sich für diese Gestaltung besonders eine internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stark gemacht hat.

Bei einem solchen Zuwendungsbescheid handelt es sich um einen teilweise begünstigenden Verwaltungsakt, da für den Adressaten des Verwaltungsakts Ausgleichsleistungen vorgesehen sind. An die Zuwendungsgewährung werden rechtliche Bedingungen und Auflagen geknüpft, die belastende Elemente enthalten, insbesondere die Pflicht zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Pflichten. Denn Ausgleichsleistungen dürfen nur gewährt werden, wenn das betraute Unternehmen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) erbringt und zum Ausgleich berechtigende gemeinwirtschaftliche Pflichten erfüllt (vgl. Artikel 5 des Freistellungsbeschlusses des Almunia-Pakets, Beschluss der Kommission vom 20.12.2012 über die Anwendung von Artikel 106 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind; K (2011 9380.ABlEU vom 11.01.2012 L 7/3).

Die Verknüpfung von Leistungen (Erbringung von DAWI) und Gegenleistung (Ausgleichszahlung) kann ggf. umsatzsteuerlich einen Leistungsaustausch darstellen. Deshalb wurde die zuwendungsrechtliche Lösung entwickelt, d.h. diese – so ihre Verfechter – auf elegante Weise dieses umsatzsteuerliche Risiko vermeidet (Zuwendung als sog. „echter Zuschuss“). Ungeachtet der strittigen Frage, ob die Bezeichnung des Betrauungsaktes als Zuwendungsbescheid tatsächlich geeignet ist, die umsatzsteuerliche Folge der Anerkennung als „echten“ und damit umsatzsteuerfreien Zuschuss zu indizieren, scheitert das zuwendungsrechtliche Modell bereits aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Gründen. Wie der Vergabesenat des OLG München in einer bislang wenig beachteten Entscheidung schon im Jahr 2011 zutreffend ausführt, kommt ein Betrauungsakt in Form eines Verwaltungsaktes in aller Regel nicht in Betracht. Denn ein Betrauungsakt ist ein (auch) belastender Verwaltungsakt, der eine juristische Person des Privatrechts zur Übernahme einer Aufgabe der Daseinsvorsorge verpflichtet. Ein belastender Verwaltungsakt bedarf jedoch einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (vgl. OLG München, Beschluss vom 22.06.2011 – Verg 6/11).

Betrauungsakte als teilweise belastende Verwaltungsakte ergehen jedoch regelmäßig ohne eine solche Ermächtigungsgrundlage, da insbesondere auch der EU-Freistellungsbeschluss keine solche darstellt. Die verwaltungsverfahrensrechtliche Folge ist, dass nach deutschem Recht der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Eine Nichtigkeit ergibt sich aus deutschem Recht jedoch – jedenfalls unmittelbar – nicht. Etwas anderes – nämlich die Nichtigkeit eines solchen Verwaltungsaktes – ergibt sich jedoch evtl. aus europarechtlichen Gründen. Denn der Fehler des Verwaltungsaktes ist unheilbar, da nach deutschem Recht solange kein Betrauungsakt in Form eines Verwaltungsaktes erlassen werden kann, wie es hierfür keine Befugnis gibt.

Ein solcher Fehler kann aus europarechtlicher Sicht den Vorwurf rechtfertigen, dass ein gänzlich ungeeignetes Betrauungsinstrument gewählt wurde, so dass das grundsätzliche Beihilfenverbot des Art. 107 AEUV durchschlägt. Hinzu tritt das Risiko, dass Dritte einen solchen Verwaltungsakt angreifen und dieser schon allein wegen des Fehlens einer Ermächtigungsgrundlage aufgehoben wird.

Im Ergebnis kann deshalb ein Zuwendungsbescheid (Verwaltungsakt) nicht zur Umsetzung eines Betrauungsaktes herangezogen werden.

Wir empfehlen deshalb, statt des „NRW-Modells“ auf das sogenannte Münchner Modell zurückzugreifen und einen Betrauungsakt in Form einer gesellschaftsrechtlichen Weisung umzusetzen.

Unterlagen zum Download

Mandantenbrief Juni 2014
Anpassungsbedarf: Beihilfenrechtlicher Betrauungsakt wird als Zuwendungsbescheid in der Regel nicht anerkannt
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